Montag, 24. Juni 2019

Zu guter Letzt

Jetzt bin ich ein paar Tage wieder Zuhause und kann so nach und nach ein wenig reflektieren. Da ich mich gestern Abend dabei ertappt habe, dass ich mich schon wieder mit der nächsten Reise beschäftige, wird es also Zeit mal ein Fazit zu ziehen.

Die puren Fakten:
11135 km in 49 Tagen durch 8 Länder (Deutschland mitgezählt).
Zwei Motorräder KTM 1290 Superadventure S und KTM 1290 Superduke R.
Jeder hat einen Satz Reifen verschlissen und wir haben zusammen ca 1200 Liter Benzin verbraucht.
Hört sich viel an, aber wenn zwei Leute in einer A340 nach Ägypten fliegen und zurück, brauchen sie in etwa genauso viel Sprit. (A340 braucht pro Person ca. 6,4 l auf 100 Km).

Leute:
Wir waren überrascht wie nett und hilfsbereit die Leute überall waren. Ob in Polen, wo die Campingplatzbetreiberin fließend englisch sprach und mir sofort ausgeholfen hat, als ich festgestellt habe, dass ich am Platz vorher mein Duschzeug vergessen habe, oder die Frau in Norwegen, die mir einen Wasserkessel geliehen hat, damit ich Kaffee auf dem Induktionsherd machen konnte, oder aber die Frau vom Hotelier in Finnland, die extra eher von einem Besuch zurück kam um uns noch ein Abendessen machen zu können. Elvira in Litauen, die eine Pflegerin meiner Eltern, die uns bei unserem Besuch mit einem Tisch voll Wurst, Käse und Kuchen scheinbar mästen wollte. Rentner aus Deutschland, die in Estland mit uns ihren Wodka geteilt haben und mit uns am Lagerfeuer saßen.
Rentner aus Deutschland, die uns in Norwegen auf einem Campingplatz einen Platz in ihrer Hütte angeboten haben wenn es uns im Zelt zu kalt werden würde. Rentner aus der Schweiz, denen ich in Polen frische Brötchen geholt habe und die uns einen Kaffee in ihrer Maschine gekocht haben.
Und natürlich Günther aus Neuss, der schon oft am Nordkap war und mit uns bis an die Spitze gefahren ist. Alleine wären wir da gar nicht drauf gekommen. Denn eigentlich ist es ja verboten, aber Günther hat gesagt: "Ihr fahrt doch nicht 5000 Km um dann die Moppeds draußen stehen zu lassen!"
Super vielen Dank Günther.

Ich glaube ich könnte noch ewig aufzählen.

Ich glaub ich kann mich überhaupt nur an eine Person erinnern, die lautstark gemeckert hat, dass die Motorräder auf der Fähre neben ihr standen und sie Angst hatte dir fallen um. Außerdem käme sie mit ihren beiden Hunden nicht raus. Na ja,  freie Platzwahl gibt es nicht, man bekommt den Platz angewiesen. Mit ihren Hunden wäre sie bei Autos nebenan noch schlechter raus gekommen. Sie war jedenfalls die ganze Zeit am meckern, so dass ich ihren Mann gefragt habe ob es ihm denn Spaß macht mit ihr Urlaub zu machen, was er nur mit einem Grinsen quittiert hat.

Länder:
Jedes Land hat so seine Reize. Polen hat uns überrascht, Die Landschaft besonders wenn man Richtung Norden kommt ist sehr schön. Die Masuren sind toll und einen ganzen Urlaub wert. Nur die Hauptstraßen sind gut ausgebaut, die Nebenstraßen verdienen oft nicht den Namen.
Kaum über die Grenze nach Litauen, verändert sich die Landschaft. Leichte Hügel voller Wiesen und Obstbäume. Die Straßen in Litauen sind durchweg gut, was sich sofort ändert, wenn man nach Lettland kommt. Hier ist wohl das ganze Geld in Riga gebündelt, was es aber auch absolut sehenswert macht. Im Gauja Nationalpark könnte man auch einen ganzen Urlaub verbringen.
In Estland ist es wieder viel flacher aber auch sehr schön. Der See an dem wir übernachtet haben ist riesig groß und es gibt quasi keinen Tourismus. Sehenswert in Estland natürlich die Hauptstadt Tallinn. Hier haben wir ja unsere Frauen getroffen und ein wunderschönes langes Wochenende verbracht. In Finnland ist vor allem Wald und natürlich die Seen. Gerade so kurz vor dem Polarkreis war ich unendlich begeistert vom Licht zum Fotografieren,
Nördlich des Polarkreises wird es zwar etwas öde, aber gerade da hat ja auch seinen Charme. Für Norwegen könnte man gut und gerne nochmal sieben Wochen einplanen. Wir haben so viele Sehenswürdigkeiten ausgelassen. Die reichen locker für noch eine Tour. Dänemark ist flach und unspektakulär, weshalb wir auch nur so durchgefahren sind. Das lag aber sicher nur an unserem Blickwinkel als Motorradfahrer. Die Strände sind sicherlich im Sommer so richtig schön.

Alles in allem, braucht man sicherlich noch mehr Zeit um sich alles in Ruhe anzusehen.

Wetter:
Also, Norwegen hält was es verspricht. Eine der regenreichsten Regionen der Erde. Bis wir in Norwegen waren, hatten wir gerade mal vier so richtig verregnete Tage. Am Nordkap war es dann sensationell gut um direkt nach dem Nordkaptunnel  wieder umzuschlagen. Eigentlich hatten wir in Norwegen immer Regengefahr. Erst im Süden hatten wir mehr Glück. Da war es wenigstens Tagsüber weitgehend trocken. Die Lofoten hat es uns leider total blöd erwischt. Wegen des Regens gab es kein Whalewatching und wir hatten mehr oder weniger immer die Regenklamotten an.
Nur am letzten Tag als wir um sieben Uhr morgens die Lofoten verlassen haben hat die Sonne geschienen. Da muss ich also unbedingt nochmal hin.

Ausrüstung:
Wir waren gut gerüstet. Es hat nichts gefehlt und unsere Bekleidung hat dicht gehalten. Wobei ich immer noch nicht kapiere, warum Held beim Kombi von Jörg so ein komisches Konzept hat. Jörg musste im Prinzip schon morgens wissen ob es regnet oder nicht, weil die Wasserdichte Schicht des Kombis normalerweise unten drunter getragen wird, aber im Regenfall oben drauf. Da hat wohl noch keiner von Held jemals bei Regen unter einer Autobahnbrücke gestanden und sich dir Regenklamotten angezogen.
Die Schlafsäcke haben auch bei Temperaturen unter Null gut warm gehalten.
Generell habe ich fast lieber im Zelt geschlafen als in den Hütten mit zum Teil uralten Matratzen.
Die Motorräder haben die Fahrt gut überstanden. Es gab nur ein paar Kleinigkeiten zu tun, die immer bei so einer Tour zu tun sind. Kette spannen, Reifen wechseln und andere Kleinigkeiten.
Das der TÜV vom Jörg ein ganzes Jahr abgelaufen war, kann ich ja erst jetzt schreiben, sonst hätte uns die Polizei schon in Flensburg in Empfang genommen.

Fahrgemeinschaft:
Sicherlich gibt es  bei sieben Wochen zusammen unterwegs auch mal Reibereihen. Aber das ist normal und auch menschlich. Jeder tickt ein wenig anders und jeder hat so seine Macken. Wir sind aber erwachsen genug um damit umzugehen. Mir ist aufgefallen, dass wenn wir im jeder so sein Reich in seinem eigenen Zelt hatten es am besten geklappt hat. Da brauchte man auch nicht zu diskutieren ob total verdunkelt wir oder nicht und ob das Fenster aufbleibt oder nicht.
Aber, ich würde wieder mit dem Jörg wegfahren, denn alles in allem hat es sehr gut funktioniert.
Wir hatten schon viel Spaß dabei uns gegenseitig Ohrwürmer einzusetzen oder billige Witze zu erzählen. Bier am Lagerfeuer, kochen improvisieren und vieles, vieles mehr,
Auch wenn ich als sehr ungeduldiger Mensch doch meistens warten musste. Das übt eben Geduld.
Generell habe ich ja auch höchst amüsiert die Unterschiede zwischen dem Stadtmenschen und dem Landei analysiert. Vielleicht sollte ich mal ein Buch darüber schreiben.

Das schönste:
Ich kann kein wirkliches Highlight nennen. Einfach unterwegs sein, keinen Terminkalender, das war schon schön genug.
Zu lernen wieder mit einfachen Dingen zurecht zu kommen, das ein Dach überm Kopf , was zum Essen und genug Sprit im Tank das wichtigste für den Moment ist.
Zu sehen, dass Grenzen nur politisch sind und die Menschen in jedem Land das eigentlich wichtige sind, Ich glaube, dass war das schönste für mich.
Deshalb kann ich auch en Günther gut verstehen, der mittlerweile jedes Jahr alleine zum Nordkap fährt. Es sagt, er treffe immer interessante Leute und das macht es spannend. Er wollte auch schon mal woanders hin aber er sagt, wohin sei letztlich egal. Hier kennt er die Strecke.


Ich denke wir werden noch lange zu erzählen haben. Alles hier nieder zu schreiben schaffe ich nicht.
Wer mag, kann mich ansprechen und es kann sein, dass ich nicht mehr aufhöre zu reden.

Nur eins noch: Es gibt keine Elche!!!!!


 Jörg und Herby waren am Nordkap



5 Kommentare:

  1. Vielenielen Dank,dass ihr uns an euren tollen Eindrücken habt teilhaben lassen, und euch die Mühe mit dem Schreiben gemacht habt. Ich habe eure Reise gerne verfolgt. Gruß Ralf

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  2. Vielen Dank Ralf. Das Schreiben war keine Mühe. Ich habe das ganze auch als Reisetagebuch benutzt um irgendwo meine Gedanken und Erinnerungen an diese Reise zu dokumentieren.

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  3. Herby es war schön Euch auf diese Weise begleiten zu können.
    Es ist noch schöner das Ihr Gesund und Munter mit vielen Ideen wieder zuhause seid.

    Sibilla

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  4. Vielen Dank für den immer aktuellen und informativen Blog und die fantastischen Bilder. Ich habe euch fast täglich verfolgt

    Armin

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  5. Habe den Blog als Nordkapp-Fahrer von 2017 mit Begeisterung gelesen. Gut geschrieben, tolle Fotos und ein Erlebnis, das ihr nie mehr vergessen werdet. Lest den Blog ab un zu mal wieder, dann wird vieles wieder lebendig. Ich mache das auch von Zeit zu Zeit.

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